E-Zustellung in Europa: Die feinen Unterschiede

Estland, Dänemark, Norwegen und Schweden gelten als Paradebeispiele einer erfolgreichen Umsetzung der E-Zustellung

Vor dem Hintergrund von Digitalisierung und Datenschutz wird kräftig investiert und aufgerüstet. Europaweit in den Fokus rückt dabei ein bereits in den frühen 2000ern eingeführtes Service: die E-Zustellung.

Die EU-Spitzenreiter im Digital-Index der Europäischen Kommission (DESI) sind Dänemark vor Schweden, Finnland und den Niederlanden. Österreich landete 2018 im Mittelfeld. Die besten Ergebnisse erzielt Österreich u.a. in der Kategorie „Digitale Öffentliche Dienste“ (Platz 8). Ein Herzstück der österreichischen eGovernment-Strategie ist die elektronische Zustellung. Dank eines soliden rechtlichen Fundaments und entsprechender Standards ist es mit der E-Zustellung möglich, Datenschutz relevante Dokumente und behördliche Bescheide online zu versenden. Ab 2020 soll die E-Zustellung für österreichische Unternehmen verpflichtend genutzt werden.

Ähnliche Services gibt es in der gesamten Europäischen Union. In den frühen 2000er Jahren begannen mehrere europäische Länder an einer elektronischen Version des papierbasierten Einschreibens zu arbeiten. Im Ergebnis entwickelte jedes Land in Europa seine eigene Vision eines solchen sicheren Mailsystems. Mitte des Jahres 2010 beschlossen europäische Beiräte die verschiedenen Standards für E-Zustellung, elektronische Signatur, elektronischen Zeitstempel usw. zu vereinheitlichen. Die nun ab Ende September gültige eIDAS Verordnung soll als Rahmengerüst den einzelnen Diensten die Möglichkeit geben, E-Zustellung über staatliche Grenzen hinweg weiter zu entwickeln.

Europäische Modelle der E-Zustellung

In Deutschland rittern zwei Systeme um die Vorherrschaft am E-Zustellungs-Markt. Die Deutsche Post bietet mit dem E-Postbrief seit 2010 ein digitales Postservice an. Die De-Mail wiederum ist höchststaatlich im De-Mail-Gesetz verankert und allen Behörden zur Nutzung verordnet. Deutschland gilt als europäischer Nachzügler. Trotz aller Bemühungen scheint das Thema in der Bevölkerung weiterhin wenig präsent zu sein. In der letzten offiziellen Erhebung verfügten nur 8% der Befragten über ein De-Mail-Konto.

In der Schweiz sind vier E-Zustellungsdienste anerkannt, wobei zwei Anbieter auch für den Austausch von Nachrichten zwischen Unternehmen und Privatpersonen genutzt werden können.

Seit 2011 müssen in Italien alle Gesellschaften über eine E-Zustellungs-Adresse verfügen. Seite 2013 besteht die Verpflichtung darüber hinaus für alle Einzelunternehmen. Die sogenannte PEC (Posta Elettronica Certificata) kann bei einer Reihe von privaten Anbietern beantragt werden und muss zwingend bei Anmeldung des jeweiligen Gewerbes bei der zuständigen Handelskammer hinterlegt werden.

2016 wurde in Ungarn der staatliche Elektronische Zustellungsdienst (Állami Elektronikus Kézbesítési Szolgáltató) in Betrieb gesetzt. Seit Jänner 2018 sind Wirtschaftsorganisationen dazu verpflichtet, die Kommunikation mit dem ungarischen Staat auf elektronischem Weg durchzuführen.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden in Slowenien bereits im Jahr 2000 geschaffen. Slowenien kann für sich somit den Titel „Vorreiter“ in Anspruch nehmen. Ergänzend ist festgehalten, dass Unternehmen eine elektronische Signatur zwingend für die Kommunikation mit der Steuerbehörde nützen müssen.

2009 wurde in Tschechien der elektronischer Briefkasten (Datenbox) für E-Zustellungen eingeführt. Behörden sind verpflichtet mit Unternehmen über den elektronischen Briefkasten zu kommunizieren bzw. sämtliche Schriftstücke in elektronischer Form an diese Datenbox zuzustellen.

Norwegen gilt im Bereich der E-Zustellung als sehr fortschrittlich. Mittels Ausschreibung wurden die Anbieter Digipost und E-Boks für die digitale Zustellung der Post von Behörden und privaten Gesellschaften an die Bürger ausgewählt. Zudem können seit 2003 Betriebe und Bürger mit der elektronischen Signatur im zentralen Behörden-Portal Altinn.no über 200 Dienste online nutzen. Seit 2016 bekommen nur mehr jene Bürger offizielle Mitteilungen in Papierform, wenn sie sich gegen die E-Zustellung ausgesprochen haben.

Seit 2011 verfolgt Dänemark in seiner Digitalisierungsstrategie den Plan, alle Behördenwege komplette digital abzuwickeln. Mit großer Presseresonanz wurde heuer verkündet, dass diese Ziel erreicht werden konnte. Seit 2014 müssen alle dänischen Bürger, die über 15 Jahre alt sind, einen digitalen Briefkasten für den Empfang von behördliche Schreiben haben. Für die Abmeldung wird eine elektronische Signatur (NemID) benötigt, die auch im Online-Banking, bei behördlichen sowie bei ca. 400 privaten Diensten genutzt werden kann. Ergänzt wird das eGovernment Angebot durch das Service NemSMS, welches derzeit rund ein Viertel der Einwohner Dänemarks per SMS an Termine mit Behörden und Krankenhäusern erinnert.

Für die elektronische Zustellung in Finnland steht das System NetPosti zur Verfügung. Damit können Briefe von Behörden, lokalen Gesundheitszentren oder auch Rechnungen von Firmen elektronisch empfangen werden. Derzeit können nur Behörden, Firmen und Organisationen E-Zustellungen versenden. User können dabei selbst entscheiden, von welchen der 35.000 Versender sie E-Zustellungen empfangen möchten. Jeder finnische Bürger über 15 Jahre, der eine finnische Postadresse und Sozialversicherungsnummer hat, kann sich zur E-Zustellung registrieren. Großen Zulauf findet auch der Versand von Rechnungen via E-Zustellung, da die Bezahlung via Online-Banking direkt im Postfach erfolgen kann.

In Schweden bieten seit Jahren viele Behörden elektronische Dienste für ihre Bürger an. Seit 2013 werden diese Dienste mit großem Erfolg durch den E-Zustellungs-Dienst des schwedischen Steueramts (Mina Meddelanden) ergänzt. Seit Start des Dienstes haben sich zahlreiche Gemeinden, Behörden und Sozialversicherungen angeschlossen. Alternativ haben schwedische Bürger die Möglichkeit drei privatwirtschaftliche Dienste zu nutzen, um E-Zustellungen von Behörden und Unternehmen zu empfangen. Dazu zählen auch die Dienste E-Boks und Digipost, die ebenso in Dänemark und Norwegen anerkannt sind und somit erstmals über Staatsgrenzen hinweg den Empfang von E-Zustellungen ermöglichen.

Estland wird in Bezug auf die E-Zustellung als europäisches Vorzeigeland bezeichnet. Den Grundstein bildet die bereits 2002 eingeführte elektronische Signatur, welche mittlerweile von 98% der Esten genutzt wird. Verbunden mit der Signatur ist eine E-Zustellungs-Lösung, die mit allen E-Mail-Programmen kompatibel ist. Daneben gibt es auch privatwirtschaftliche Plattformen zum Austausch von Dokumenten und ähnlich dem österreichischen elektronischen Rechtsverkehr ein gesondertes Kommunikationssystem mit den Gerichten. Estland ist bekannt als ein digitales Land. Es gibt fast fächendeckend kostenfreien Internetzugang und eGovernemnt Tools werden in fast jedem Lebensbereich genutzt.

Elektronisch, datensicher, sexy. Wer hat die Nase vorne?

Hieb und Angelpunkt für die erfolgreiche Nutzung der E-Zustellung ist und bleibt der Teilnehmerkreis. Einzelne Staaten haben daher beschlossen Behörden, Unternehmen oder sogar Bürger zur Nutzung zu verpflichten.

Um bei den Usern allerdings durchschlagenden Erfolg zu verbuchen, benötigt die E-Zustellung mehr als reine Empfangspostfächer. Selbst versenden – und dadurch in den Genuss derselben Vorteile wie Behörden zu gelangen – gilt als Mindeststandard.

Mit großem Erfolg wird in Österreich die Möglichkeit angenommen, alternativ zur E-Zustellung auch klassische Postbriefe zu versenden. Unternehmen und Behörden nutzen dabei die duale Zustellung, welche automatisch erkennt, wer elektronisch oder postalisch erreichbar ist.

Abgerundet wird das E-Zustellungs-Angebot in den einzelnen Staaten teilweise durch zusätzliche Services. Von Dokumentenarchiven, Bezahldiensten von Rechnungen, Faxversand bis hin zu Zeitschriften-Abos lassen sich vor allem privatwirtschaftliche Anbieter einiges einfallen.

Den Blick über die eigenen Nationalgrenzen hinaus wagen noch wenige Dienste. Nicht zuletzt, da gewährleistet werden muss, dass Behördenpost aus verschiedenen Staaten in ein multinationales Postfach gelangen sollte. Die Europäische Union will diesen Weg künftig fördern. Derzeit müssen sich User noch bei verschiedenen Diensten registrieren. Ab 29. September ist zumindest die Registrierung einfach möglich, da die elektronischen Signaturen nun europaweit anerkannt werden.

3 Fakten auf einen Blick:

  1. Estland, Dänemark, Norwegen und Schweden gelten als Paradebeispiele einer erfolgreichen Umsetzung der E-Zustellung
  2. Staaten setzen vermehrt auf die Verpflichtung zur E-Zustellung
  3. Ab 29. September kann man mit Handy-Signatur oder Bürgerkarte auch ausländische Zustelldienste vollumfänglich nutzen

 


 

Über Postserver Onlinezustelldienst GmbH
Postserver (gegr. 2010) ist ein behördlich und privatwirtschaftlich zertifizierter E-Zustelldienst. Postserver übernimmt die gesamte Ausgangspost und nutzt den günstigsten Zustellkanal: elektronisch oder postalisch. Durch die Sonderposition der E-Zustellung können selbst Behörden-Bescheide oder Arztbefunde rechtssicher versendet und empfangen werden.
https://postserver.com

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